Forschungsgebiet
Prof. Dr. rer. nat. Benjamin Odermatt

Verstehen, was unsere Nerven schützt

In unserem Gehirn und Nervensystem gibt es hauptsächlich zwei Arten von Zellen. Nervenzellen, auch Neurone genannt, sind für die Übertragung und Verarbeitung von elektrischen Signalen zuständig, die uns das Denken und Handeln ermöglichen. Die hochspezialisierten Neurone sind sehr empfindlich und werden von der zweiten Zellgruppe, den sogenannten Gliazellen, in Ihrer Arbeit unterstützt. Gliazellen versorgen Neurone und helfen bei der Signalübertragung und -verarbeitung.  Dafür bilden sie unter anderem eine isolierende Schicht um die Nervenfasern der Nervenzellen.  Solche Nervenfasern (Axone) kann man sich zum Beispiel als Verbindungskabel zwischen Gehirn und dem restlichen Körper vorstellen. Die Kunststoffisolierung der Kabel entspräche in diesem Bild der Isolierschicht (Myelin), die von den Gliazellen gebildet wird. Im Gehirn wird diese Myelinschicht von einer gesonderten Klasse Gliazellen, den Oligodendrozyten, gebildet. Der Name leitet sich vom griechischen »oligos« [wenig], »dendron« [Baum] und »zytos« [Zelle] ab, da diese Zellen wenige Äste ausbilden, an deren Enden sich eine solche  isolierende Myelinschicht um die Nervenfasern bildet (siehe auch Abbildung unten).

Bei einigen Nervenerkrankungen, zum Beispiel der Erbkrankheit Morbus Charcot-Marie-Tooth oder der Multiplen Sklerose, geht jedoch die schützende Myelinschicht teilweise verloren. Wie bei einem schlecht isolierten Kabel kann es dann zu Kurzschlüssen kommen. Dabei werden Neurone zerstört und die Übertragung von Signalen funktioniert nicht mehr. Dies kann je nach Krankheitsausprägung  die Körperkontrolle beeinträchtigen, aber auch die Psyche und Intelligenz.

Eine Reparatur dieser Schäden ist kaum möglich, da sich beim Menschen die Myelinschicht hauptsächlich nur einmal im Leben bildet, während der embryonalen und kindlichen Entwicklung. Falls das Myelin später zerstört wird, wächst es kaum oder gar nicht nach. Auch zugrunde gegangene Nervenzellen regenerieren sich kaum und hinterlassen bleibende Schäden. Da noch immer wenig über die Regulierung des Myelinwachstums bekannt ist, gibt es kaum Therapiemöglichkeiten.

Bei anderen Tierarten, wie dem Zebrabärbling oder Zebrafisch (Danio rerio) genannt, können die Gliazellen neues Myelin (Isolierschichten) produzieren und Schäden reparieren. Da diese Fische transparent sind, kann man bei ihnen unter bestimmten Bedingungen das Wachstum oder die Reparatur des Myelins im lebenden Tier unter dem Mikroskop beobachten. Unsere Forschung widmet sich der Frage, welche Mechanismen den Zebrabärbling dazu befähigen, zerstörtes Nervengewebe zu reparieren, und welche Signale die Zellen erhalten, um Aufbau und Reparatur von Myelin genau aufeinander abzustimmen.

Prof. Dr. rer. nat. Benjamin Odermatt

Personenseite

Weitere Forschungsgebiete

Wird geladen